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Verfasst: 25. Jun 2012 11:47
von kiara
Kim Sun Woo hat geschrieben:
Akayi hat geschrieben:Die Idee, dass Ärzte bzw. Ärztinnen sich ihre Fachgebiete nach so oder so gearteter Interessenlage ausrichten ist wohl ähnlich naiv wie zu glauben, sie hätten Medizin studiert weil sie irgendwem helfen wollten.
das ist doch erstmal auch eine bloße Unterstellung.
zumal das absurde ist, dass meist das umgekehrte Problem der Fall ist. Viele haben ein Helfersyndrom und ein geringes Selbstwertgefühl und sind auf ihre Helferrolle fixiert. Sie gehen dann in ihrer Rolle auf und ignorieren eigene Schäden (und die eigene Familie). Ist kein Klischee, dass die ärztlich am schlechtesten versorgten Menschen im Umfeld des Arzts die direkte Familie (Ehemann/Ehefrau, Kinder) des Arzts ist. Die eigenen Kinder werden dann vernachlässigt, bilden wiederum ein geringes Selbstwertgefühl auf und bekommen die Rolle des Helfers als "Lösung" vorgelebt, und werden dann selbst Ärzte (Sozialarbeiter, Lehrer, Arzthelfer, Krankenschwester/pfleger...). Teufelskreis, der für alle großartig ist, außer für den Arzt und die Familie.

Bei uns war das auch so. Als Ärztin ist meine Mutter bestimmt absolut super und auch beliebt und könnte locker nur noch privat annehmen (würd sie aber nicht wollen) aber wir, die Kinder, haben seitdem ich mich erinnern kann nur die "Reste" der Aufmerksamkeit bekommen bzw standardmäßig die Antwort "ich will jetzt meine Ruhe", "immer willst du was", "ich bin alle", "ich kann nicht mehr", "ich hab jetzt Feierabend", "lass uns das morgen besprechen", "das ist mir jetzt zu viel auf einmal" etc etc etc etc etc. Daher hab ich den Arztberuf auch seit jeher so scheiße gefunden, bis mir dann mit 20 ein "Rollenmodell" begegnet ist, die gesagt hat "naja viele in den sozialen Berufen opfern sich völlig auf und behaupten auch noch, das müsse so. Find ich nicht. Ich mach n guten Job und am Ende des Arbeitstages bin ich n glücklicher Mensch und nicht völlig ausgepowert".
Und ich habe definitiv nicht vor, das so zu machen wie meine Eltern; natürlich studiere ich Medizin, weil ichs mir zur Lebensaufgabe machen möchte, anderen zu helfen, aber die eigenen Bedürfnisse (und die von Familie und Freunden) sind ebenso wichtig.

Re: der "das war heute cool"-thread

Verfasst: 25. Jun 2012 16:46
von Vampy
nur weil man was beruflich macht, heißt das ja nicht, dass man quasi "die arbeit mit nach hause nehmen" will. ich kenn einen, der ist koch und zuhause lässt er immer den pizzaservice kommen.

Verfasst: 25. Jun 2012 16:50
von Akayi
Fun fact: Es gibt sogar Leute die sind Vegetarier und kurbeln beruflich die Fleischindustrie an :ehm:

Verfasst: 25. Jun 2012 17:17
von kiara
Vampy hat geschrieben:nur weil man was beruflich macht, heißt das ja nicht, dass man quasi "die arbeit mit nach hause nehmen" will. ich kenn einen, der ist koch und zuhause lässt er immer den pizzaservice kommen.
es geht ja darum, dass viele ärzte sich dermaßen wenig um ihre eigenen krankheiten und die krankheiten ihrer angehörigen kümmern, dass sie sie nicht mal zum arzt schicken. n orthopäde kann sein kind mit mittelohrentzündung ja auch nicht behandeln und müsste es, wie alle anderen eltern an der stelle auch, eben zu nem HNO schicken. aber auch da wird ziemlcih geschlampt. meine mutter hat bei sich sowie bei mir, als wir eine krankheit hatten (fiel auf, machte aber keine beschwerden), jahrelang versäumt, einfach zum arzt zu gehen; das hat ihr fast das leben gekostet, bei mir war es zum glück harmlos, aber hätte eben auch böse enden können. ein kollege von meiner mutter hatte einen sohn, der eine relativ banale erkrankung hatte, die mit der modernen medizin leicht zu behandeln ist, hat aber schlicht nicht reagiert bzw war gerade "im stress" (wie üblich); der sohn ist tragischerweise verstorben. natürlich ist es nicht immer so extrem, aber unter arztkindern ist das so n gemeinsamer nenner / dauerwitz, dass man schlicht vernachlässigt wird bei der ärztlichen behandlung.

Re: der "das war heute cool"-thread

Verfasst: 25. Jun 2012 17:41
von Vampy
auch das ist keine seltenheit. ich hab mal bei ner versicherung gearbeitet; hab aber selbst bis auf kranken- und pflegeversicherung (weil pflicht) nix an versicherungen. und ich kenn auch leute deren eltern waren lehrer, und sind trotzdem sitzengeblieben.

Verfasst: 25. Jun 2012 17:41
von Kim Sun Woo
Akayi hat geschrieben:@Sun Woo: ich würde das eher Selbstzuschreibung bezeichnen?
?

Verfasst: 25. Jun 2012 17:42
von Akayi
Na, wenn die ganzen Medizinstudierenden behaupten sie würden das machen weil sie "helfen wollen", dann ist das eine Selbstzuschreibung und keine Unterstellung.

Verfasst: 25. Jun 2012 21:04
von Kim Sun Woo
Akayi hat geschrieben:Na, wenn die ganzen Medizinstudierenden behaupten sie würden das machen weil sie "helfen wollen", dann ist das eine Selbstzuschreibung und keine Unterstellung.
ich meinte eigentlich, daß es eine Unterstellung deinerseits ist, dieses Motiv anzuzweifeln.

Verfasst: 26. Jun 2012 01:58
von Akayi
Kim Sun Woo hat geschrieben: ich meinte eigentlich, daß es eine Unterstellung deinerseits ist, dieses Motiv anzuzweifeln.
Nein, das ist keine Unterstellung. Siehe auch die Argumente von Zageism. Dass man sich dass selbst und gegenüber anderen rationalisiert: geschenkt. Das findest du aber bei z.B. SoziologInnen genauso ("ich studiere Soziologie, weil ich die Gesellschaft verstehen will um sie zu verändern..."). Auch darauf hat Zageism bereits hingewiesen. In entsprechenden Bewerbungsgesprächen kommt man mit diesem "aber ich will doch helfen" übrigens auch nicht weit..

Verfasst: 26. Jun 2012 03:31
von Kim Sun Woo
Akayi hat geschrieben:Dass man sich dass selbst und gegenüber anderen rationalisiert: geschenkt.
inwiefern sollte das mit "rationalisieren" zu tun haben? das ist doch schon wieder so eine Unterstellung?! ;)