Tierrechte vs. gruppenbezogene Menschenrechte?

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illith
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Tierrechte vs. gruppenbezogene Menschenrechte?

Beitrag von illith » 1. Aug 2015 17:26

dass holocaust-vergleiche in veganzusammenhang unangemessen, dumm und sachlich falsch sind, dürfte zumindest hier ja schonmal klar sein *hoff*.
aber wie stehts mit anderen vergleichen, zb thema sklavenbefreiung und frauenrechte?
gefühlt sind das für mich schon passende gegenüberstellungen (gerade das sklaventhema), aber da tappt man ja auch gerne mal blind in den (privilegierte) fettnapf.
es wird teils kritisiert, dass man menschen praktisch zu vieh herabsetzt, mit solchen vergleichen (wie es auf tragische weise historisch ja auch lange zeit praktiziert wurde); das kann ich für mich aber eigentlich nicht unterschreiben, weil ich persönlich bei so einem vegleich nicht menschen(gruppen) herabsetze, sondern tiere herauf-.
aber vlt überseh ich was und es ist doch unangemessen?

die frage trage ich schon länger mit mir rum und wollte die hier mal thematisieren, aber da folgendes bild gerade durch meinen FB-feed tickerte, hab ich das mal zum anlass genommen. (sollte ich das spoilern?)
hint: ich freue mich besonders über qualifizierte beiträge von leuten, die im entsprechenden diskurs drin sind.

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Roger Wilco
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Beitrag von Roger Wilco » 1. Aug 2015 18:28

illith hat geschrieben:dass holocaust-vergleiche in veganzusammenhang unangemessen, dumm und sachlich falsch sind, dürfte zumindest hier ja schonmal klar sein *hoff*
Darf ich fragen warum? Vergleichen kann man immer. Ich sehe in manchen Aspekten Parallelen, in anderen wiederum nicht.

Und das Zitat von Isaac Bashevis Singer finde ich auch gut.

Den Vergleich in dem Bild/Spruch finde ich absolut zutreffend. Wobei der Unterschied hierbei ist, dass Sklaverei, Rassismus und Frauenwahlrecht sich innerhalb einer (Tier-)Art abspielen, während es bei "Tierrechten" um die Rechte einer anderen Art (nicht-menschliche Tiere) geht.

Haferflöckchen
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Beitrag von Haferflöckchen » 1. Aug 2015 18:38

Ich bin in keinem Diskurs drin und vielleicht auch nicht sonderlich kompetent, aber meinen Senf muss ich trotzdem aus der Tube drücken: Man kann zwei einzigartige historische Phänomene ja auch in einen Kontext stellen, ohne sie gleichzusetzen. Man kann Massenmorde nicht gegeneinander aufwiegen - schlimmer als, weniger schlimm als, gleich schlimm - schon weil sich Leid nicht quantifizieren lässt. Aber zwischen ihnen einen Zusammenhang herzustellen finde ich völlig legitim. Ich würde die "Kongogräuel", als die belgische Kolonialmacht so um 1900 rum innerhalb von 20 Jahren 10 Millionen Kongolesen ermordete, was dem kollektiven Gedächtnis der Europäer übrigens entfallen und mit keinerlei Scham- oder Schuldgefühlen verknüpft zu sein scheint, und den Holocaust durchaus in einem Kontext sehen. In den Kolonien haben die Europäer jahrhundertelang eine Grausamkeit und Mordgier trainiert, die die Deutschen dann in Form des Holocaust nicht im fernen Afrika, sondern ganz öffentlich mitten in Europa ausagiert haben. Analog dazu würde ich auch den massenhaften Mord an Tieren und den an Menschen nicht miteinander vergleichen, aber doch in einem Zusammenhang sehen: Wem die Empathie gegenüber Tieren aberzogen wird, der hat auch gegenüber gruppenfremden Humanoiden eine geringere Tötungshemmung. (Würde ich jetzt mal so ins Blaue rein behaupten.)

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Nullpositiv
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Beitrag von Nullpositiv » 1. Aug 2015 18:54

Ich würde dir bis auf den letzten Satz zustimmen. Ich glaube das der soziale Kontext für die Tötungshemmung eine große Rolle spielt und das daher Menschen die zu Hause bspw. ganz normale angepasste Bürger waren, Familienväter usw. trotzdem an Gräueln bspw. der Wehrmacht oder der SS beteiligt sein konnten ohne danach in ihrem normalen Umfeld zu Gewalttätern oder Mördern zu werden. Analoges auch für Soldaten anderer Streitkräfte die ihre 'Gegner' ohne große Hemmung töten, sonst aber ein ganz normales und unauffälliges Leben führen.
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mona1312
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Beitrag von mona1312 » 7. Aug 2015 11:58

Ich (eine weiße Mitteleuropäerin) würde auf keinen Fall dieses Foto verwenden um damit diesen Text (den ich an sich gut finde) zu illustrieren.
Um mit solchen Vergleichen umzugehen, würde ich empfehlen vorher mal an einem empowerment/ critical whitness Workshop teilzunehmen und sich mit diesem Themenfeld (auch auf anderem Wege) ebenso zu befassen wie mit dem des Patriarchats. Das verringert vermut ich die Gefahr versehentlich ernstlich zu verletzen.
Solche Workshops sind oft kostenlos.
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gnesi
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Beitrag von gnesi » 7. Aug 2015 14:06

Ich kann mona1213s Antwort nur unterstreichen. Das ganze Thema ist viel größer, komplexer und allgegenwärtiger als wir weißen Europäer wissen! Wenn man beginnt sich damit zu beschäftigen, fühlt man sich erstmal angegriffen und schockiert - praktisch wie als Omnivor beim Veganismus - aber man kommt langsam rein.
Vielleicht willst Du Dir mal ein paar Videos von "Check Your Activism" auf Youtube ansehen. Ich bin zwar in sehr vielen Punkten (noch?) nicht mit ihr einverstanden bzw. total anderer Meinung, aber sie ist der einzige Veganer, den ich auf Youtube gefunden habe, der sich mit der Problematik des privilegierten "Weißensystems" beschäftigt und mir logisch erklären konnte, wieso es nicht ausreicht, nein, sogar kontraproduktiv bis zum Gehtnichtmehr ist, farbenblind zu sein. Aber anfangs muss man sich echt durch die Videos durchbeißen, bis man beginnt zu verstehen. (Sie ist übrigens KEIN Antispeziesist im herkömmlichen Sinne. Falls Dich das stört, such Dir lieber was anderes...)
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Skasselbat
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Beitrag von Skasselbat » 7. Aug 2015 14:35

Ich würde da persönlich auch nicht versuchen irgendwelche Vergleiche anzustellen. Wenn ich mit sowas argumentiere dann nur als Beispiele für Dinge die von Menschen mal als normal angesehen wurden und sich dann doch als ziemlich grausam und falsch herausgestellt haben. Wie es eben irgendwann auch hoffentlich mit der Tierausbeutung sein wird.

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