"Aber ist das nicht total extrem?!"

Allgemeine Fragen & Diskussionen zum Veganismus
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Ramsdahl1909
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Re: "Aber ist das nicht total extrem?!"

Beitrag von Ramsdahl1909 » 12. Apr 2011 22:56

Also ich war früher überzeugter Fleischesser, bzw. nicht informierter Konsument. Ich habe Vegitarier und erst recht nicht Veganer verstehen können, ich dachte auch; ja gut die essen dann nur Gemüse und müssen auf vieles verzichten. Außerdem kamen mir diejenigen verrückt vor, quasi Leute die einfach anders sein wollen.
Doch dann habe ich mich einfach mal informiert. Und so langsam habe ich angefangen mich zu schämen, so dämlich dahergeredet zu haben. Mein Bruder ist Vegitarier und den haben wir/ich regelmäßig mit den bescheuertsten Argumenten gelöchert. Er hat aber immer cool reagiert und ist nie auf unsere Provokationen eingegangen.
Heute bin ich der, der sich rechtfertigen MUSS. Aber das (finde ich zurecht) da ich einfach ein kehrtwende um 180 Grad gemacht habe und das in einer Zeit, wo ich frisch weggezogen bin. Da kam ich nach ein paar Monaten das erste mal wieder in die Heimat und war plötzlich Veganer...

Also ich habe vollstes Verständnis für die Allesesser und ihre Zweifel gegenüber dem vegan sein. Ich fand es damals genauso bescheuert. Und wer mit mir vernünftig darüber sprechen will, der kann es, merke ich aber, dass derjenige es nicht ernst meint, dann bitte ich darum, nicht darüber zu sprechen. (was ein Satz xD)
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kiara
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Re: "Aber ist das nicht total extrem?!"

Beitrag von kiara » 13. Apr 2011 00:51

Ich oute mich auch als früherer Fleischesser und Veganer-und-Vegetarier-bescheuert-finder. Man muss mit denen geduldig sein :) Die meisten sind einfach nur uninformiert und ängstlich vor etwas fremdem, und wer behauptet, er kenne keine instinktive Scheu vor etwas, was radikal anders und neu ist, als das, was er kennt, dem glaub ich nicht...
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Freygeist
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Beitrag von Freygeist » 13. Apr 2011 16:50

Naja, es kommt eben alles auf das Umfeld in dem man aufwächst an. Früher hatte ich keine angst vor Vegetariern, ich fand sie einfach lächerlich. (aber da war ich auch 10 Jahre alt ;)) Wenn Jemand damit aufwächst, dass Fleisch vollkommen in Ordnung (und vielleicht sogar lecker) ist, wird er natürlich erst einmal Jemanden in Frage stellen der nicht die gewohnten Tätigkeiten, die als Norm gelten, (impliziert also so einiges) vollführt.

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Aurelie
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Beitrag von Aurelie » 16. Apr 2011 16:32

kiara hat geschrieben:
Hüpfsalat hat geschrieben:Ich kanns nicht mehr hören, "WAS, du bist Veganerin?? Aber ist das nicht total extrem?"

1) Ich würd nicht sagen "Ich bin Veganerin", sondern "ich esse keine Tierprodukte, weil..." Wenn sie dann sagen "also bist du Veganerin?" dann würd ich sagen "ja". Das hat psychologische Gründe - wenn du die Definition dem Inhalt vorschiebst, werden die Vorurteile dem Inhalt vorgeschoben bei dem Zuhörer.
2) In den Augen vieler IST Veganismus extrem. Das weißt du auch, und das ändert sich auch nicht dadurch, dass du weißt, dass Veganismus NICHT extrem ist. Aber da musst du den Zuhörer abholen, wo er steht: "Ja, viele halten das für extrem, leider. Ich hab mich mit dem Thema auseinandergesetzt - ich renn nicht einem extremen Trend hinterher, sondern bin einfach inhaltlich davon überzeugt. Warum denkst du denn, dass Veganismus extrem sei?" (Das zeigt dem Zuhörer, dass du ihn ernst nimmst und dann lässt er dich auch meistens auf seine Fragen eingehen.
Hüpfsalat hat geschrieben:und dann die Aufzählung: "Was, dann kannst du ja auch keine schokolade essen? und keine Käsebrötchen von Knigge? und keine Pfannkuchen? und keine (...) also das KÖNNTE ich ja nicht!!"
Ja, ich weiß, ich hab das auch schon milliarden Male gehört. Aber ehrlich gesagt: auch hier hilft es, den Zuhörer "da abzuholen, wo er steht" - du hast Erfahrung mit veganer Ernährung, er kennt nur die Standard-Omni-Kost. Sag sowas wie "ja, dacht ich am Anfang auch, aber ist es eigentlich gar nicht" oder auch augenzwinkernd sowas wie "naja, und Tierprodukte essen könnte ICH nicht"!
Der Zuhörer greift das Thema ja vom falschen Ende auf - es ist ja keine Geschmacks- oder Bequemlichkeitsentscheidung, insofern macht es auch keinen Sinn, da mit "das schmeckt aber gut" oder mit "das wär ja sonst umständlich" zu kommen. Muss man sich dann überlegen, wie man das erklärt, aber das geht schon und das verstehen die meisten auch, meiner Erfahrung nach.
Hüpfsalat hat geschrieben:Der Verzicht auf Milch und Eier (Honig ist den Meisten gar nicht klar) wird gleich als "übertrieben" und "unnötig" abgetan.
Ehrlich gesagt, den Verzicht auf Honig finde ich auch übertrieben und unnötig, und ich finde, er schadet der veganen Bewegung. Honig geht mit dem Töten von Bienen einher, ja, aber das tut eine einzige Autofahrt ebenso, und wahrscheinlich wesentlich mehr. Auf einem Quadratmeter Ackerboden leben mehrere Millionen Insekten, der Einsatz von Pestiziden und deren Folge ist landläufig bekannt. Nicht-Veganer, die beginnen, zu verstehen, was falsch an der Tierhaltung ist, spüren diese Inkonsistenz intuitiv und nutzen das Honig-Argument, um Veganismus als was "Verrücktes" zu deklarieren - so müssen sie sich über die wirklichen Probleme - Tierhaltung von Vögeln und Säugetieren etc - keine Gedanken mehr machen. Hier => http://www.satyamag.com/sept05/greger.html ist ein sehr guter Artikel dazu, wenn du willst, kann ich ihn auf deutsch übersetzen. Oder auch hier=> http://www.bioimkerhonig.de/bienenhonig ... -vegan.php (der ist zwar nicht von nem Veganer, sondern von Imkern, aber trotzdem interessant)
Hüpfsalat hat geschrieben:Und ich kann nicht gleich ankommen und anfangen, zu erklären, wieso es durchaus Sinn macht und Eier und Milch mindestens genauso schlimm sind wie Fleisch, weil ich dann gleich als "die belehrende, nervige Veganerin, die andere überzeugen will" abgetan werde..
Da muss man manchmal etwas tricksen. Veganismus ist ja in den Augen vieler etwas extremes, und das schreckt sie gleichzeitig ab und macht sie sehr neugierig. Extreme haben eine gewisse Faszination in sich, und gleichzeitig machen sie Angst. (Ja, WIR wissen, dass Veganismus nichts extremes ist!) Der "Trick" ist, die Faszination abzufangen, indem man ehrlich Fragen beantwortet, Gründe nennt, erzählt, berichtet von Haltungsbedingungen, dem Zuhörer selbst Fragen stellt, ob das nicht inkonsequent ist, einen Hund zu haben, aber das Töten von Schweinen zu akzeptieren.
Die Angst beim Zuhörer erzeugt man, indem man gestresst wirkt, oder als wolle man andere unbedingt überzeugen, oder mit "das und das ist schlimm, weil..." kommt (besser ist: ich verzichte auf den Konsum von Milchprodukten aufgrund der Haltungsbedingungen, und die sind soundso.." Es gibt eine ganz wichtige Regel: "Show, not tell". Sag, wie die Bedingungen sind - beurteile sie nicht. Sag "Ein Huhn hat so viel Platz wie ein Blatt A4 und 10% der Hühner ersticken an ihrem eigenen Muskelwachstum" - sag NICHT "und das ist ganz schrecklich!" Weil dann hängt der Zuhörer dir moralisch hinterher - als ob er nicht verstehen könnte, dass so etwas schrecklich ist - du weißt "mehr" - und das erzeugt Abwehr. Wenn du dich auf seine Seite stellst und partnerschaftlich Informationen über "wie die Welt wirklich ist" teilst, nimmt der Zuhörer die Informationen gerne auf.
Hüpfsalat hat geschrieben:Oh und nochwas: Was antwortet ihr Leuten (wie meinem Vater -.-), die so argumentieren, dass beispielweise Gelatine okay gehen würde, weil das Tier ja nicht dafür geschlachtet wurde, sondern das ein "Abfallprodukt" ist, was bei der Fleischproduktion mit entsteht und dann noch gleich verwendet wird, dass also kein Tier dafür sterben musste?
Sag ihm, es stimmt, es ist ein Abfallprodukt, aber die Firmen profitieren immer noch vom Verkauf - sonst würden sie es wegschmeißen. Und da du ja vermeiden willst, dass jemand an dem Tod eines Tiers verdient, ist es auch logisch, dass du Gelatine meidest. Und sag noch dazu: "Auch wenn es umstrittenere Aspekte gibt, das ändert ja nichts an der Tatsache, dass das Halten von Tieren Leid bedeutet. Gelatine ist ja mehr ne Nebensache, am wichtigsten sind da Fleisch/eier/Milch etc." Er will ja sich "rausreden" durch Tierprodukte, die man vielleicht noch grenzwertig durchgehen lassen würde (wie zb. auch n Käsebrot, das sonst weggeworfen würde.) - aber diese Aspekte, die vielleicht umstrittener sind, ändern ja nichts am essenziellen Problem.


Siehe auch v-fragen-f9/hilfe-bitte-dringend-t1442.html
(meine Antworten beginnen auf seite 3, falls das dich interessiert)

tolle Antworten! Danke!
Nur ein einziges Wort, nur ein einziges Wort
Nur ein leiser Ton und ich bleibe hier
Nur ein einziges Wort, nur ein einziges Wort
Nur ein leiser Ton u. ich verschenke mein Boot

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